[D66] Rekencentra verbruiken 3% van de totale energie in de EU
R.O.
jugg at ziggo.nl
Wed Oct 7 10:47:36 CEST 2020
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* 7 Oct 2020
* Frankfurter Allgemeine Zeitung
* THOMAS THIEL
Ein Katalysator für das Internet
Sauber gerechnet: Volker Lindenstruth revolutioniert den Computer von
innen her
From page N1 Es hat sich in der Generation Greta noch nicht
herumgesprochen, dass auch das Internet eine Rußspur hinter sich
herzieht. Ein Mail beispielsweise ist nicht nur ein kommunikativer,
sondern auch ein physischer Vorgang, der umgerechnet ein Gramm
Kohlendioxid produziert, eine Stunde Videostream ist so umweltfreundlich
wie eine Stunde Autofahren, und rechnet man die Milliarden Likes und
Suchanfragen zusammen, die täglich durch die Netzknoten rauschen, dann
könnte man dafür viele Male über den Atlantik fliegen. Ganz zu schweigen
von den Bitcoin-Farmen, die so viel Strom wie die Schweiz verbrauchen,
der aber nicht nur von freundlichen Solarsegeln und Windrädern, sondern
auch von schmutzigen Kohlekraftwerken erzeugt wird. Dass nicht vor
Server- und Mining-Farmen protestiert wird, liegt wohl nur daran, dass
die physische Realität des Internets immer noch im virtuellen Nebel liegt.
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/Foto Uwe Dettmar /Hochleistungstandem: Volker Lindenstruth vor einem
seiner Superrechner
Zusammen verschlingen die großen Rechenzentren, die Kraftwerke des
Internets, heute 2,7 Prozent des Stroms in Europa. Es ist keine gewagte
Prognose, dass ihr Verbrauch mit der fortschreitenden Digitalisierung
wachsen wird. Zumindest die großen IT–Konzerne, die nicht länger als
Umweltsünder dastehen wollen, haben darauf reagiert und, wie Apple und
Amazon, gigantische Solar- und Windparks für ihre Rechenzentren gebaut
oder ihre Server an den Polarkreis verlegt, um den gigantischen
Energieaufwand für die Kühlung zu reduzieren.
Man kann auch den umgekehrten Weg gehen und die Rechner und ihre
Gehäuse, die Rechenzentren, selbst ökologisch modernisieren. Volker
Lindenstruth ist ein Pionier dieser Technik. 2008 kam der promovierte
Physiker an die Universität Frankfurt, um dort ein
Hochleistungsrechenzentrum aufzubauen. In den folgenden Jahren hat er
nicht nur dort einige der sparsamsten Rechner der Welt gebaut. Der Loewe
CSC war europäischer Spitzenreiter in Sachen Energieverbrauch, mit dem
Rechenzentrum „Green Cube“, das am HelmholtzZentrum für
Schwerionenforschung GSI in Darmstadt steht, eroberte er 2014 den
Spitzenrang auf der grünen Weltrangliste, die sich in rasendem Tempo
fortentwickelt.
Lindenstruth hat den Computer in zwei Schritten von innen her
revolutioniert. Die erste Pioniertat war, Prozessoren durch Grafikkarten
zu ersetzen. Das mag verwirren, weil der Prozessor als Schaltzentrale
jedes Rechners gilt. Das muss er aber nicht sein. Nicht zuletzt den
Fortschritten der Spieleindustrie ist es zu verdanken, dass die
Grafikkarte ihm den Rang abgelaufen hat. Bei der optischen Gestaltung
dynamischer Spiellandschaften ist inzwischen eine Rechenkraft
aufzubringen, die jeden Prozessor überfordert. Während der Prozessor mit
einem Rechenwerk auskommen muss, verfügt die Grafikkarte über mehrere
tausend Rechenwerke, die eine Aufgabe parallel abarbeiten können. Volker
Lindenstruth kam so auf die Idee, die Grafikkarte zur zentralen
Recheneinheit zu machen. Einige Unternehmen wie Airbus haben sich diesem
Schritt angeschlossen, auch das Forschungszentrum Jülich, das über zwei
der schnellsten Rechner der Welt verfügt, plant bereichsweise den
Wechsel zur Grafikkarte. Insgesamt geht der Umbau aber nur langsam
voran, was Lindenstruth auf den damit verbundenen Programmieraufwand
zurückführt. Jeder Algorithmus muss umgeschrieben werden.
Lindenstruth hält das aus eigener Erfahrung für eine lösbare Aufgabe und
den allgemeinen Umstieg deshalb nur für eine Frage der Zeit. Auf Dauer,
so Lindenstruth, könnten die wachsenden Rechenaufgaben der Wissenschaft
mit einem Prozessor gar nicht mehr gelöst werden. Und die Stromrechnung
für Computertechnik bringe die Hochschulen heute schon an die
Belastungsgrenze. Supercomputer der obersten Liga verursachen rund 1,5
Millionen Euro Stromkosten im Jahr. Die weltweit größten ihrer Art
kommen gar auf mehrere zehn Millionen jährlich. Der Umstieg auf die
deutlich sparsamere Grafikkarte würde den Energieverbrauch nach
Lindenstruth um gut die Hälfte senken.
Darin inbegriffen ist noch nicht der zweite Sparfaktor: der Umbau der
Rechenzentren, deren Kühlung Unmengen an Energie verschlingt – was vor
allem daran liegt, dass sie mit Luft gekühlt werden. Microsoft hat sein
europäisches Rechenzentrum sogar im Meer vor der schottischen Küste
versenkt, um die horrenden Kühlkosten zu sparen. Andere Überlegungen
gehen dahin, die beim Rechnen entstehende Wärme für andere Zwecke, etwa
die Heizung von Nebengebäuden, zu nutzen oder schon die Chips selbst mit
Wasser zu kühlen, was über den Prototyp aber noch nicht hinausgekommen ist.
Lindenstruth lässt dagegen Leitungswasser durch die Server zirkulieren,
das abgekühlt durch ein weiteres Wärmetauschsystem wieder dorthin
zurückfließt, wo es hergekommen ist: in den Main oder jeden anderen
Fluss, an dem der Computer steht. Auch dieses System, das er hat
patentieren lassen, hat nach seinen Angaben eine beispielhafte
Energiebilanz: Im Unterschied zur traditionellen Luftkühlung, die
zwischen dreißig und vierzig Prozent des für das Rechnen aufgewendeten
Stroms verbrauche, komme sein Rechenzentrum Green Cube mit weniger als
sieben Prozent aus. Würde man alle Rechenzentren auf diese Art kühlen,
dann ließen sich nach Lindenstruths Rechnung 15 Milliarden Euro und 21
Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr einsparen.
Bisher verhindern wirtschaftliche Fehlanreize den ökologischen Umbau.
Die Betreiber der großen Rechenzentren haben kein Interesse am Sparen,
weil sie die Kosten auf die Mieter umlegen können. Natürlich lassen sich
nicht alle fünfzigtausend Rechenzentren von heute auf morgen
modernisieren. Aber welchem Politiker würde die Aussicht auf „grüne
Digitalisierung“, die Milliarden spart, nicht ein Lächeln ins Gesicht
zaubern? Manchmal dauert es sehr lange, bis die Neuigkeiten aus der
Wissenschaft in der Politik ankommen.
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