[D66] Niederlande: Drastische Haushaltskürzungen

Bert Bakker bertbakker7 at gmail.com
Fri Jul 8 11:57:10 CEST 2011


Tjonge, wat een verhaal! Ik denk dat de VN Veiligheidsraad vandaag in
spoedzitting bijeen komt...




2011/7/8 Antid Oto <protocosmos66 at gmail.com>

> Niederlande: Drastische Haushaltskürzungen
> Betroffen sind besonders Gesundheits-, Sozial- und Kulturbereich
> Von Dietmar Henning
> 8. Juli 2011
>
> Die niederländische Regierung läutet mit drastischen Kürzungen einen
> sozialen
> Kahlschlag ein. Auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung soll die
> Staatsverschuldung zurückgefahren werden, die in Folge der Finanzkrise
> stark
> angestiegen ist.
>
> Um achtzehn Milliarden Euro soll der Haushalt in dieser Legislaturperiode,
> also
> in den nächsten vier Jahren, gekürzt werden. Das sind in dem
> Sechzehnmillionenland rund vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In
> Deutschland entspräche dies einem Sparvolumen von über hundert Milliarden
> Euro,
> in den USA von rund 570 Milliarden Dollar.
>
> Die Minderheitsregierung der rechtsliberalen Volkspartei für Freiheit und
> Demokratie (VVD) und der Christdemokraten (CDA) hat die Haushaltskürzungen
> in
> den letzten Wochen konkret ausgearbeitet. Die Regierung, die von der
> islamfeindlichen Freiheitspartei (PVV) Geert Wilders geduldet und
> unterstützt
> wird, hatte die Kürzungen schon bei ihrer Regierungsübernahme angekündigt.
> Sie
> betreffen vor allem den Gesundheits-, Sozial- und Kulturbereich.
>
> Herausgekommen ist eine atemberaubende Kürzungsliste. Das Ministerium für
> Arbeit
> und Soziales will allein 2012 rund 1,5 Milliarden Euro einsparen. Bei
> Integrationsmaßnahmen für Arbeitslose soll das Budget um 400 Millionen Euro
> gekürzt werden.
>
> Von den geplanten achtzehn Milliarden Euro sollen allein 2,5 Milliarden im
> Pflegebereich eingespart werden. In den letzten Wochen hatte das Kabinett
> mit
> Vertretern der Gemeinden vereinbart, die Kosten teilweise auf die Kommunen
> abzuwälzen, die dann dementsprechend Kürzungen durchsetzen müssen. So
> übernehmen
> die Gemeinden ab kommendes Jahr die Aufsicht im Bereich der
> Behindertenwerkstätten, der Jugendfürsorge und teilweise auch der Pflege.
> Allein
> in diesen drei Bereichen sollen auf diese Weise die Ausgaben um zwei
> Milliarden
> Euro verringert werden. So sehen die Kürzungen vor, dass ab 2013 nur noch
> 30.000
> Menschen in den Behindertenwerkstätten eine Arbeitsstelle erhalten; das ist
> ein
> Abbau von rund zwei Dritteln.
>
> „Wir haben uns die Frage gestellt, ob die Sorge für diese Menschen nicht
> wieder
> von deren eigener sozialer Umgebung übernommen werden kann“, begründet
> Gesundheitsministerin Edith Schippers (VVD) zynisch die Abwälzung der
> Betreuung
> von behinderten Menschen auf die Familien.
>
> In der Kinderbetreuung werden weitere 1,5 Milliarden Euro, im
> Gesundheitswesen
> über eine Milliarde, in der Bildung 300 Millionen gekürzt. Weitere
> Milliarden
> werden bei den zivilen Angestellten des Militärs, im Verkehr und im
> Naturschutz
> gestrichen.
>
> Auch in der Kultur droht ein regelrechter Kahlschlag. Die niederländische
> Regierung hat eine Halbierung des Kulturetats bis 2013 beschlossen. Alle
> staatlichen Subventionen für die Theater werden gestrichen. Allein im
> kommenden
> Jahr verliert der Kunst- und Kultursektor rund 200 Millionen Euro.
>
> Der jährliche Etat des öffentlich-rechtlichen Rundfunks soll ebenfalls um
> rund
> 200 Millionen Euro auf dann 560 Millionen Euro schrumpfen. Dadurch stehen
> die
> Rundfunkorchester vor dem Aus. Sollten sie keine privaten Finanziers
> gewinnen,
> droht ihnen die Schließung.
>
> Kulturstaatssekretär Halbe Zijlstra (VVD), der öffentlich als Kulturgegner
> auftritt, drohte, keine Kultureinrichtung dürfe sich ihres weiteren
> Bestehens
> noch sicher sein. Der 42-Jährige will das Kultursystem radikal auf
> wirtschaftsliberale, man könnte sagen: amerikanische Verhältnisse trimmen.
> Zijlstra hat Marketing studiert und jahrelang als Manager gearbeitet.
>
> In der Ausländer- und Integrationspolitik wird ebenfalls drastisch gekürzt.
> Hier
> hat sich die Regierung Mark Ruttes die Politik des Islamfeinds Geert
> Wilders zu
> Eigen gemacht. Die neue Leitlinie zur Haager Integrationspolitik, die der
> christdemokratische Innenminister Piet Hein Donner im Juni vorlegte,
> bezeichnete
> der Minister selbst als endgültige Abkehr von der jahrelang verfolgten
> „Idee von
> den Niederlanden als einer multikulturellen Gesellschaft“. Im Jahr 1997 war
> der
> Rechtspopulist Hans Janmaat noch zu einer Bewährungshaftstrafe verurteilt
> worden, weil er gesagt hatte: „Sobald wir die Möglichkeit dazu haben,
> schaffen
> wir die multikulturelle Gesellschaft ab.“
>
> Nun ist es so weit. Migranten sind künftig verpflichtet, an
> Einbürgerungskursen
> teilzunehmen, die sie aber fortan selbst zahlen müssen. Wer die
> anschließende
> Integrationsprüfung nicht schafft, verliert die Aufenthaltsgenehmigung.
>
> Donner stellte die neue Leitlinie zudem kurz vor der Urteilsverkündigung im
> Prozess gegen Wilders wegen Volksverhetzung vor. Der Staatsanwaltschaft
> sollte
> signalisiert werden, dass Geert Wilders im Grunde den Standpunkt der
> Regierung
> vertrete.
>
> Wilders fordert eine Schließung der Grenzen für islamische Migranten
> („Keine
> Islamisten mehr in den Niederlanden“, „Wir müssen den Tsunami der
> Islamisierung
> stoppen“), zudem verglich er den Koran mit Adolf Hitlers „Mein Kampf“. Nach
> dem
> deutlichen Signal der Regierung sprach die Staatsanwaltschaft Wilders in
> allen
> Anklagepunkten frei. Regierungschef Rutte sagte, das Urteil des Richters
> sei
> deutlich. „Das sind gute Neuigkeiten für Geert Wilders, mit dem wir auf der
> Basis des Duldungsvertrages gut zusammenarbeiten.“
>
> Obwohl die Liste der Kürzungen bereits viele Bereiche umfasst und noch
> verlängert wird, ist klar, dass es besonders Kranke, Behinderte,
> Arbeitslose und
> Migranten trifft. „Die Staatsschuld wächst jeden Tag um sechzig Millionen
> Euro“,
> begründet Premier Mark Rutte seine Zerschlagung des Sozialstaats. „Wir
> müssen
> eingreifen.“
>
> Um griechische, irische oder portugiesische Verhältnisse in den
> Niederlanden zu
> verhindern, müssten die staatlichen Ausgaben jetzt drastisch
> heruntergefahren
> werden. Rutte will, dass die niederländische Staatsschuld in vier Jahren
> wieder
> deutlich unter der im Maastricht-Vertrag vorgeschriebenen
> Höchstverschuldungsnorm von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP)
> liegt.
> Derzeit liegt sie bei fünf Prozent. Rutte behauptet daher, die
> Kürzungsorgie sei
> ohne Alternative: „Es geht nicht anders.“
>
> Doch die Banken und Unternehmen, die die Finanzkrise verschuldet haben,
> werden
> geschont. Steuererhöhungen für diese schließt Rutte, der frühere
> Personalmanager
> des Verbrauchsgüterkonzerns Unilever (Umsatz vierzig Milliarden Euro),
> kategorisch aus.
>
> „Wer denkt, nun halle ein Aufschrei durchs Land, täuscht sich“, schreibt
> die
> Süddeutsche Zeitung. Während im vergangenen November noch über 100.000
> Menschen
> in siebzig Städten gegen die Sparpläne der Regierung demonstrierten, ist es
> nun
> merklich ruhiger. Die einzige größere Protestaktion war ein
> Demonstrationsmarsch
> Ende Juni von rund 8.000 Menschen gegen die Kürzungen in der Kultur. „Ich
> bin
> überrascht über die Resignation, die Passivität, mit der die Kürzungen
> aufgenommen werden“, sagte der Publizist Bas Heijne der Süddeutschen
> Zeitung,
> „schließlich schneiden sie mitten ins Gewebe unserer Gesellschaft.“
>
> Der Grund dafür ist, dass die Oppositionsparteien – allen voran die
> Sozialdemokraten der PvdA (Partij van de Arbeid) – und die Gewerkschaften
> grundsätzlich die Kürzungen genauso wie Ministerpräsident Rutte für
> alternativlos halten. Die PvdA, bislang größte Oppositionspartei, stellt
> die
> Höhe der Einsparungen nicht in Frage, sie will diese nur auf sechs bis acht
> Jahre strecken.
>
> Ein Paradebeispiel für die enge Zusammenarbeit aller Parteien und der
> Gewerkschaften ist die kürzlich beschlossene Heraufsetzung des
> Rentenalters.
> Rutte hat gemeinsam mit den Dachverbänden von Arbeitgebern (VNO-NCW) und
> Gewerkschaften (FNV) vereinbart, dass ab 2020 das Renteneintrittsalter
> schrittweise von 65 auf 66 Jahre und später – ab etwa 2025 – auch auf 67
> Jahre
> angehoben wird. Auch die PvdA stimmte dieser Vereinbarung zu.
>
> Rutte betonte, es sei „etwas Einzigartiges“, dass in den Niederlanden ein
> solches Übereinkommen über „hunderte von Milliarden und vielleicht die
> größte
> Reform der Rentensystems“ seit dem Zweiten Weltkrieg abgeschlossen werden
> könne.
> Er lobte vor allem die Vorsitzende der niederländischen
> Gewerkschaftsbundes,
> Agnes Jongerius, die die Erhöhung des Renteneintrittsalters unterschrieb.
>
> Profitieren kann von dieser Verschwörung gegen die Bevölkerung vor allem
> der
> rechte Populisten Wilders. Die letzte niederländische Regierung (eine
> Koalition
> aus Christdemokraten, Christlicher Union und Sozialdemokraten) war im
> Februar
> 2010 im Streit um die Verlängerung des Afghanistan-Mandats
> auseinandergebrochen.
> In der darauffolgenden Wahl kamen die Sozialdemokraten nur noch auf 19,6
> Prozent
> der Stimmen. Die Christdemokraten von Premierminister Jan-Peter Balkenende
> wurden regelrecht dezimiert; mit 13,6 Prozent gelangten sie nur noch auf
> Platz
> vier. Als Sieger ging die rechtsliberale VVD mit knapp über 20 Prozent aus
> der
> Wahl hervor. Wilders PVV wurde mit 15,5 Prozent drittstärkste Partei.
>
> Wilders hatte bis vor wenigen Jahren selbst der Führung der rechtsliberalen
> VVD
> angehört. Rechtsliberale und Christdemokraten, die dann die Regierung
> bildeten,
> erklärten, durch seine Einbindung in die Regierung werde und müsse sich der
> Rassist und Islam-Feind mäßigen. Das Gegenteil ist der Fall. Während VVD
> und CDA
> auf ihn angewiesen sind, kann dieser ohne direkte Verantwortung für das
> konservative Regierungsbündnis schalten und walten, wie er möchte.
>
> Er nutzt gezielt die soziale Kahlschlagspolitik der Regierung aus. So
> unterstützt Wilders zwar die ab 2020 geplante Erhöhung des Rentenalters auf
> 66
> Jahre, lehnt aber die weitere Erhöhung auf 67 Jahre ab. Wilders trat auch
> gegen
> die von den Regierungsparteien ursprünglich geplante Verkürzung der
> Arbeitslosenhilfe auf. Auf der anderen Seite kann er wild gegen Ausländer
> hetzen
> und Muslime beschimpfen, um den sozialen Protest in rechte Kanäle zu
> lenken, –
> und wird dabei von den Regierungsparteien unterstützt.
>
> http://wsws.org/de/2011/jul2011/holl-j08.shtml
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