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<ul class="art-meta">
<li>Article rank <span class="art-rank-5"></span></li>
<li>25 Sep 2020</li>
<li>Frankfurter Allgemeine Zeitung</li>
<li>Von Matthias Wyssuwa</li>
</ul>
<h1>Tanzen aus dem Takt<a class="button b-translate b-exp"><span></span></a></h1>
<p><br>
</p>
<div class="art-layout-a-2x" id="testArtCol_a">
<h2>Dänemark vergleicht sich in der Pandemie vor allem mit
Schweden. Warum das Land sich im Kampf gegen das Corona-Virus
schwertut.</h2>
<p> <a class="from">From page 1</a>
In Dänemark stellt man sich die ganz unangenehmen Fragen. Eine
davon wurde gerade auf der Titelseite der Zeitung
„Politiken“diskutiert. Es ging darum, ob man sich in Dänemark
mit dem Umgang mit der Corona-Krise geirrt habe – und der sonst
eher skeptisch betrachtete Nachbar Schweden vielleicht doch
recht gehabt haben könnte? Schließlich stiegen in Dänemark die
Infektionszhlen, während die schwedische Infektionsrate zu den
niedrigsten in Europa zähle, wurde in dem Text argumentiert. Es
ging um die Herdenimmunität und neue Erkenntnisse, dass sie
womöglich schon früher erreicht sein könnte. </p>
<p>
Es ging aber auch um den Vergleich zweier ganz unterschiedlicher
Strategien im Kampf gegen die Ausbreitung des CoronaVirus. Denn
während Schweden lange mit weniger Verboten und Eingriffen in
das öffentliche Leben reagierte, war man in Dänemark der „Hammer
und Tanz“-Strategie gefolgt – droht nun aber, beim Tanzen aus
dem Takt zu kommen. Kurz nachdem der Artikel erschienen war,
wurden neue Rekord-Infektionszahlen gemeldet. Jetzt hat das
Robert-Koch-Institut die Hauptstadtregion sogar als Risikogebiet
eingestuft. </p>
<p>
Die Dänen hatten bei dem Ausbruch der Pandemie in Europa den
Hammer noch früher herausgeholt als die meisten anderen Länder.
Schnell stellte sich der Erfolg ein: Die Infektions- und
Todeszahlen blieben gering. Die Dänen begannen dann aber auch
früher als die meisten Länder mit dem „Tanz“in der Pandemie.
Schon von April an gab es große Lockerungen, so durften nicht
nur viele Geschäfte wieder öffnen, sondern auch die Schüler
wieder zurück in die Schulen. Mitte Juni öffneten sich dann die
Grenzen zu den Nachbarn – nur zunächst nicht zu Schweden, die
Infektionszahlen waren zu hoch. </p>
<p> Das alles folgte einem Plan zur Öffnung des Landes in mehreren
Phasen, den die Regierung unter der sozialdemokratischen
Ministerpräsidentin Mette Frederiksen ausgehandelt hatte. Im
Blick war dabei auch der für das Land sehr wichtige Tourismus,
vor allem aus Deutschland. Doch auch wenn die ersten Schritte
noch umgesetzt werden konnten, gab es bald Probleme, einzelne
Lockerungen kamen nicht wie geplant. Selbst die lange als kaum
sinnvoll betrachtete Maskenpflicht kam schließlich doch noch in
Dänemark. Aarhus hatte schon im August mit stark ansteigenden
Infektionszahlen zu kämpfen und führte die erste Maskenpflicht
im Nahverkehr ein. Wenig später teilte Frederiksen mit, dass
diese überall im Land gelten solle. </p>
</div>
<p> Trotzdem stiegen die Zahlen weiter an, in den vergangen Tagen
kamen jeweils mehr als 500 Infektionen pro Tag hinzu, am
Donnerstag waren es 559. Während der ersten Welle hatte der
Höchstwert für einen Tag Anfang April bei 408 gelegen, und auch
wenn in Dänemark jetzt mehr getestet wird, steigen die Zahlen auch
in den Krankenhäusern. Mit 95 Patienten insgesamt sei die Zahl so
hoch wie seit Anfang Juni nicht mehr, teilten die Behörden mit. </p>
<p> Die Regierung ist jedenfalls alarmiert, vor allem in Kopenhagen
macht die Ausbreitung des Virus Sorgen. Verschärfungen zunächst
nur für die Hauptstadtregion gelten nun im ganzen Land: Es sind
nur noch Versammlungen bis zu fünfzig Personen erlaubt, Bars und
Restaurants müssen um 22 Uhr schließen und alle Angestellten und
Gäste müssen einen Mundschutz tragen, wenn sie nicht sitzen. Man
sei noch nicht dort, wo man Mitte März gewesen sei, teilte
Frederiksen mit – aber man müsse jetzt alles tun, damit es nicht
wieder so weit komme. Fredriksen schrieb auch, der Tanz mit
Covid-19 sei nicht einfach, aber sie sei zuversichtlich. </p>
Eine Zahl immerhin spricht klar für den dänischen Weg: Bislang sind
im Land 645 Menschen an oder mit dem Virus gestorben, 23 420
Infektionen wurden registriert. In Schweden mit seinen knapp doppelt
so vielen Einwohnern sind es 5785 Tote, und mehr als 90 000
Infizierte. Und langsam steigen auch in Schweden die
Infektionszahlen wieder. Die Entwicklung in Schweden gehe langsam in
die falsche Richtung, äußerte Staatsepidemiologe Anders Tegnell. Und
Ministerpräsident Stefan Löfven teilte am Donnerstag mit, dass es
aufgrund der neuen Zahlen keine weiteren Lockerungen der
Corona-Auflagen in Schweden geben werd
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